FRAUENKIRCHE, MÜNSTERHAUSEN

1 . Vorgeschichte

 

Münsterhausen ist eine ehemalige Doppelgemeinde bestehend aus den früheren Orten Münster und Hausen.

In der Chronik von Grimo Kornmann, letzter Prior und Geschichtsschreiber des Prämonstrantenserstift Ursberg, wird zum Jahre 1507 eine Leonhardskapelle in Hausen erwähnt. In den Aufzeichnungen des Schullehrers und Gerichtschreibers Michael Boll (17. Jahrhundert) wird auf eine Kapelle Zu Unserer Lieben Frauen Hauser Capell hingewiesen.

 

2. Baugeschichte

 

2.1. Johanna Francisca von Heidenheim und ihr Gelöbnis

Die Frauenkirche in der Marktgemeinde Münsterhausen an der Mindel ist ein bedeutendes Kunstdenkmal. Eng verbunden mit den Kirchen in Münsterhausen und in Besonderem mit der Frauenkirche ist das Geschlecht der Heidenheimer, die hier im Jahr 1659 das Lehen übernahmen.

Am  18. November 1686 heiratete Christophorus Marquart Alexander von Heidenheim seine Johanna Francisca, eine geborene Baronin von Welden (Kleinlaupheimer Linie). Sie gebar ihm sieben Kinder. Nach den letzten beiden Schwangerschaften – die Mädchen kamen am 13. Februar 1695 und am 8. Juni 1696 zur Welt – hatte die Freifrau, da ihre beiden Knaben kurz nach der Geburt gestorben waren, fünf Mädchen und keinen Stammhalter.

Johanna Franziska wandte sich in ihrer Not an die Mutter Gottes von Altötting. Da sie ein Abbild der an diesem Wallfahrtsort verehrten Madonna immer in ihrer Nähe haben wollte, erbat sie von dem dortigen Kustos, Baron von Gumberg, eine geweihte Kopie des Gnadenbildes. Sie ließ nach den Maßen des Vorbilds, der Altöttinger Gnadenkapelle, ein Kirchlein in der Form eines Oktogons errichten. Dieser Bau wurde vom Meister Sebastian Hitzelsberger aus Münsterhausen errichtet.

Am 24. September 1699 wurde die Nachbildung des Gnadenbildes überbracht und feierlich aufgestellt. Die Baronin trug zu diesem Zeitpunkt das 8. Kind unter ihrem Herzen.

 

2.2. Bau und Einweihung der Frauenkirche

Um dem daraufhin einsetzenden Strom der Pilger zum „Schwäbischen Altötting“ gerecht zu werden, legte Pfarrer Michael Wolfegg im Auftrag von Freifrau Johanna Francisca von Heidenheim, geb. Baronin von Welden, den Grundstein zum Bau des Langhauses an der Gnadenkapelle. Schon am 28. November 1699 kamen die ersten Steinlieferungen aus der Ziegelei in Reichertsried. Der fürstbischöfliche Baumeister Valerian Brenner aus Vorarlberg, der sich in Günzburg niedergelassen hatte, und der Stukkateur Hans-Jörg Brix schufen ein herrliches Werk barocker Baukunst, welches durch eine Türe und ein Fenster mit der achteckigen Kapelle verbunden war. Die Bauzeit dauerte bis 1708. Das Gotteshaus weihte der Augsburger Weihbischof Johannes Casimir Röls am 28. Oktober 1708.

Die Freifrau Johanna Francisca von Heidenheim erlebte dieses Fest nicht mehr, denn sie verstarb schon am 18. Februar 1700 als Wöchnerin. Auch der Pfarrer und Bauherr der Frauenkirche, Michael Wolfegg, erlebte den lang ersehnten Tag der Einweihung dieses Gnadenortes nicht mehr. Er verstarb am 29. August 1708. Sein gut erhaltenes Epitaph in der Pfarrkirche St. Peter und Paul zeugt von diesem großartigen Priester und Seelsorger.

Pfr. Mirko Cavar fand 2004 auf dem Dachboden des Pfarrhofs eine kleine Schachtel mit Reliquien und einer gut erhaltenen Urkunde. Der Inhalt  wurde dem damaligen Diözesanbischof Dr. Viktor Josef Dammerz übergeben. Nach gründlicher Überprüfung durch das Archiv des Bistums stellte sich heraus, dass es sich bei der gefundenen Urkunde, um die Weiheurkunde des Lehonhardaltars handelt.

                                                                                                                                        

 Urkunde MDCCVIII die 28ten mensis Octtobris

Ego Joannes Casimirus Episcopus Amidensis Reverendissimi Serenissimi Principis et Episcopi Augustani Suffraganaeus consecravi Altare hoc in honorem Sancti Leonardi, Sancti Antonii, Sancti Sebastiani et Reliquias Sanctorum Martyrum Pastoris Olympii et Valeriae in eo inclusi et singulis Christi fidelibus hodie unum annum, et in die anniversario consecrationis hujusmodi ipsum visitantibus quadraginta dies de vera Indulgentia in forma Ecclesiae consecrata concessi.

 

1708 – 28. – Oktober

Ich Joannes Casimir, Bischof von Amidensis, Sufragan des hochehrwürdigsten Fürsten und Bischofs von Augsburg habe diesen Altar geweiht zu Ehren des heiligen Leonard, des heiligen Antonius und des heiligen Sebastian. Und ich habe die Reliquien der heiligen Märtyrer Pastor Olympius und Valeria, die in diesem Altar eingeschlossen sind, ebenfalls geweiht.  Und ich habe allen Christgläubigen, die von heute an auf ein Jahr und am Jahrtag dieser Weihe diesen Altar aufsuchen, einen 40-tägig wirksamen Ablass in der üblichen Form der Kirche gewährt.

 

2.3. Das Ende der Ära von Heidenheim und die Zeit danach

Das Geschlecht der Heidenheimer erlosch im Mannesstamm mit dem Tod des erst 23-jährigen Johannes Ludwig am 12. April 1789, der in der Frauenkirche begraben ist. Sein Epitaph gibt Zeugnis von seiner religiösen Haltung und Menschenliebe.

Die einzig bedeutende bauliche Veränderung erfolgte ab dem Jahr 1901. Bis zu diesem Jahr war die Marienkapelle vom Langhaus getrennt und nur durch eine Tür zu betreten. Im Rahmen einer Renovierung wurde der Durchbruch zur Kapelle durch einen Korbbogen geschaffen, der dem Besucher eine veränderte Raumwirkung dadurch vermittelt, dass die beiden Sakralräume als Einheit fungieren. Der restaurierte Altar wurde in die Mitte der Kapelle verlegt. Seit Weihnachten 1902 wird er als Hoch- und Zelebrationsaltar genutzt.

Auch in jüngster Zeit gab es große Bemühungen um den Erhalt des Gotteshauses. 1949 wurden die große Mauer zum Friedhof im Osten und die Lourdes-Grotte errichtet. 1965 fielen die vor der Kirche stehenden Kastanien der Axt zum Opfer.

     1968 wurde mit der Außenrenovierung begonnen.

In diesem Jahr wurde auch eine Sakristei angebaut und eine Heizung installiert.  In den Jahren 1970 bis 1972 erfolgte eine Generalrenovierung des Kircheninnenraumes. Dabei waren im wesentlichen ortsansässige Firmen beteiligt. Der Abschluss dieser Kirchenrenovierung konnte am 29. Oktober 1972 mit dem Bischof  Dr. Joseph Stimpfle gefeiert werden.

                

3. Gründung des Fördervereins anlässlich der 300-Jahr-Feier der Altöttinger Muttergottes

 

Am 26. Sept. 1997 erfolgte die Gründung des „Fördervereins Frauenkirche Münsterhausen e. V.“, der sich zum Ziel setzte, die Frauenkirche zu erhalten. Über 200 Mitglieder traten dem Verein bei und haben damit neben der großen finanziellen Unterstützung auch die Wertschätzung „Unserer Lieben Frau“ durch Ihre Mitgliedschaft zum Ausdruck gebracht.

Die notwendige Außenrenovierung begann im Mai 1998 und fand im November 1998 ihren vorläufigen Abschluss. Ab April 1999 erfolgte die komplette Innenrenovierung mit Säuberung und Ausbesserung des Stucks. Die Freilegung der Fundamente zur Austrocknung wurde im Juni 1999 durchgeführt.

Im gleichen Monat konnte die vom Förderverein veranlasste Prägung der Gedenkmünze „300 Jahre Altöttinger Mutter Gottes in Münsterhausen“ herausgegeben werden. Sie ist eine Erinnerung vom bleibenden Wert.  Der Erlös aus dem Verkauf dieser Münze konnte zur Deckung der Renovierungskosten verwendet werden.

Für den gleichen Zweck fand das 2. Marktfest Anfang Juli 1999 statt. Daran beteiligten sich alle örtlichen Vereine in vorbildlicher und dankenswerter Weise.

Am 24. September 1999 waren es 300 Jahre, dass das Gnadenbild der Gottesmutter in der Frauenkirche präsent ist.  Pfarrer Mirko Cavar nahm dies zum Anlass, mit der restaurierten Statue der Muttergottes in die Kirche einzuziehen und eine Gedenkandacht zu feiern.

Am Christkönigsonntag desselben Jahres (21. November 1999) feierte die Pfarrgemeinde die gelungene Außen- und Innenrenovierung ihrer Frauenkirche mit Weihbischof Josef Grünwald aus Augsburg, der den neu errichteten Volksaltar weihte und das in neuem Glanz erstrahlende Gotteshaus segnete.   

 

Weitere Informationen erhalten Sie in:

Kirchenführer der Pfarrkirche St. Peter und Paul und Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau Münsterhausen vom Kunstverlag Peda aus Passau

Dr. Antonius von Steichele und Alfred Schröder, Das Bisthum Augsburg Bd. 5, Augsburg 1894

Kirchen und Wallfahrtsorte im Dekanat Krumbach vom Dekan Ludwig Gschwind

Aufzeichnungen der Pfarrbücher der Pfarrei St. Peter und Paul, jetzt im Archiv des Bistums Augsburg

Chronik der Marktgemeinde Münsterhausen, Ortschronist Eugen Miller

„Schwäbischen Altötting“ – die Frauenkirche zu Münsterhausen
Einladung zu einem Gang durch dieses Kleinod im schwäbischen Barockwinkel   

Die Gnadenstätte „Unserer Lieben Frau“ zu Münsterhausen liegt ein wenig erhöht an der Hauptstrasse. Sie hat keine aufwendige Fassade. Sie wirkt einzig durch ihre architektonische Form. Über einer durch sechs ovale Fenster gegliederten Fassade erhebt sich ein barocker Giebel, aus dessen oberstem Geschoss ein Dachreiter aufwächst, der mit einer Zwiebelhaube bekrönt ist. Die Schönheit der Frauenkirche in Münsterhausen liegt nicht so sehr an ihrem äußeren Erscheinen sondern an ihrer inneren Pracht und Schönheit.

Wer sie betritt, ist beeindruckt von dem reichen Wessobrunner Stuck und den wuchtigen ebenholzartigen Seitenaltären, die den Raum beherrschen. Das Langhaus der Wallfahrtskirche ist ein weiträumiger Saal, der über eine Korbbogenöffnung mit der als Chor genutzten Gnadenkapelle im Osten verbunden ist. Die nach Altöttinger Vorbild als oktogonaler Zentralraum angelegte Gnadenkapelle besitzt sechs halbrunde, in das Mauerwerk eingetiefte Nischen. Die Belichtung der mit einem flachen Gewölbe versehenen Kapelle erfolgt über zwei Rundbogenfenster.

In den Nischen stehen die Statuen der hl. Theresia von Avila, der hl. Mutter Anna, des hl. Aloysius und des hl. Josef. Auf dem Altar steht in einer Öffnung  über dem Tabernakel das Bild „Unserer Lieben Frau“ von Altötting mit dem göttlichen Kind. In der Linken trägt Maria das Szepter, auf dem Haupt eine geschnitzte Krone. 

Wie in Altötting ist das Gnadenbild überwölbt von einer aus Silber- und Goldblech geformten Reliefdarstellung der Krönung Mariens im Himmel, wobei die Gekrönte im Gnadenbild selbst dargestellt ist. Gottvater und Christus halten die Krone, über welcher der Heilige Geist in Gestalt der Taube schwebt. Von ihm gehen – ähnlich wie in Altötting – drei Stahlen aus, auf denen die Worte zu lesen sind: „Die Patris filia“ – „Spiritus sancti sponsa“ – „Dei filii Mater“ (Gottvaters Tochter – Des Heiligen Geistes Braut – Des Gottessohnes Mutter).

Neben den Säulen, welche die Marienkrönung flankieren, stehen große Figuren der Augsburger Bistumsheiligen Ulrich und Afra und zu beiden Seiten des Tabernakels Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist. Das Antependium zeigt den Tod Mariens.

Das Langhaus wird vor allem von zwei wuchtigen ebenholzartigen Seitenaltären sowie von der wunderschönen Wessobrunner Stuckatur beherrscht.

Der linke Seitenaltar ist dem hl. Leonhard geweiht. Dem Bauernheiligen und Schutzpatron der Tiere und Gefangenen wird hier eine ganz eigene Rolle zugeteilt: Als Beschützer der werdenden Mütter und der Neugeborenen. Auf dem Bild zeigt ihm eine Mutter ihr neugeborenes Kind. Es mag sein, dass es damals in Hausen Probleme gegeben hat, als man die St. Leonhardskapelle abgerissen, um der Frauenkirche Platz zu machen. Die Verehrer des Heiligen wurden durch einen eindrucksvollen Leohnardsaltar entlohnt, auf dem noch die Heiligen Antonius und Sebastian als besondere Fürsprecher in menschlicher Not verewigt sind. 

Freilich nicht Maria und die Heiligen sind das eigentliche Zentrum. Dies sucht das Kreuzigungsgruppe über der Nische des Gnadenaltares und der zweite Seitenaltar zu verdeutlichen: Jesus Christus ist die Mitte. Der rechte Seitenaltar ist ein Christus-Altar, ganz auf das Geheimnis des Todes und der Auferstehung hindeutend. Das Antependium zeigt die Kreuzigung, das Hauptbild die Beweinung, der Auszug die Grablegung. Als Krönung steht zwischen zwei Engeln der Auferstandene Christus.

Wenden wir auch der schönen Kanzel einen Blick zu. An der Brüstung halten Engel Kreuz, Stern und Herz als Symbole der göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. Zwei große Engel tragen den Schalldeckel, den wiederum schöne Engelsgestalten zieren. Die Kanzel ist bekrönt von einem strahlenden Cherub des Gerichts mit der Posaune in der Rechten.

Noch weitere schöne Bilder und fgürliche Darstellungen umhütet die Kirche wie z. B. Hl. Barbara, Hl Florian, Hl. Nepomuk, Hl. Wendelin und den Hl. Bruder Klaus von Flüeli.

In den Deckengewölben leuchten aus dem reichen Wessobrunner Stuck die Geheimnisse des freudenreichen Rosenkranzes. Die kurz vor 1708 zu datierenden Deckengemälde sind in Ölfarbe auf Leinwand gefertigt. Das mittlere Ovalgemälde stellt die Krönung Mariä durch die Hl. Dreifaltigkeit dar.

Die Frauenkirche ist ein Juwel besonderer Art, eine Kirche, die zum Verweilen und Meditieren einlädt. Sie vermittelt auch eine besondere Botschaft, die manchen Besucher nachdenklich stimmen kann. Ob das Leben und frühe Sterben der Stifterin dieses Gnadenortes, ob das Sterben kurz vor der Fertigstellung ihres Erbauers H. H. Pfarrer Wolfegg,  ob das schicksalhafte Leben des letzten Sprossen der Heidenheimer, der hier in der Frauenkirche seine letzte Ruhestätte gefunden hat, ob die vielen werdenden Mütter und diejenigen, die den starken Wunsch nach einem Kind in ihren Herzen getragen und hier auf die Fürsprache der Muttergottes eine Stärkung und Hilfe erfahren haben, das „Schwäbische Altötting“ oder die schöne, barocke Kirche zu „Unserer Lieben Frau“ in Münsterhausen birgt in sich manche Geheimnisse, die der neue, unscheinbare Volksaltar und die Botschaft mancher Bilder kundtun: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt. Ich will euch Ruhe verschaffen.“