St. Peter und Paul, Münsterhausen
1. Baugeschichte
1.1. Die Ursprünge
Über den ersten Kirchenbau in der Ortschaft Münster gibt es keine verlässlich überlieferten Nachrichten. Die Vermutung, dass ein im Jahr 969 im Zusammenhang mit Zentabgaben genanntes Gotteshaus in Munistiure das Vorhandensein einer Kirche im heutigen Ortsteil Münster bestätigt, kann nicht nachgewiesen werden.
Frühestens im 15. Jahrhundert wurde ein Vorgängerbau der heutigen Pfarrkirche errichtet. Davon zeugen sowohl die Tatsache, dass Münster im Jahre 1486 als Pfarrei genannt wird, als auch die im Turm und wohl in den Chormauern der heutigen Kirche erhaltenen Reste eines spätgotischen Baues. Ab diesem Zeitpunkt sind die Pfarrer lückenlos aufgeführt. Sie werden in der Chronik von Kirche und Pfarrei Münsterhausen erwähnt. Aus den Aufzeichnungen von Pfarrer Ludwig Vogg erfahren wir, dass am 24. Okt. 1575 der Choraltar durch den Augsburger Weihbischof Michael Augustanus konsekriert wurde.
In der ursprünglichen Mitte des alten Altares fand Pfarrer Vogg eine kleine, wohlerhaltene, henkellose Urne aus Terra Cotta (vermutlich ein Blutnäpfchen aus den Katakomben) und eine Steinschicht tiefer ein gut erhaltenes Glas mit Gebeinen der Heiligen und einigen eingeschlossenen Bienen – wohl als Zeichen der Reinheit und Unverweslichkeit. Verschluss und Urkunde waren sehr morsch. Trotzdem konnte der Geistliche folgenden Wortlaut entziffern:
Urkunde
Anno Domini MDLXXV Mensis Octobris Die 24 Michael Domini et Apostoliae sedis gratia Episcopus Adrimetanus et Augustae Vindelicae Suffraganeus hoc Altare in Domini omnipotente nomine ad honorem beatae Mariae Virginis et omnium Sanctorum at que ad Specialem Sanctorum Petri et Pauli Apostolorum memoriam rite reconciliabat et consecrabat inclusis hic Sanctorum reliquiis ac indulgentiis et more Sanctae Romanae Ecclesiae concessis feste praedictorum omnium ipsius consecrantis autographo et sigillo subim presso. Factum anno mense ac Die supradictis. Michael Augustanus suffraganeus L.S.
Im Jahre des Herrn 1575 am 24. Oktober habe ich Michael im Namen Gottes und des apostolischen Stuhles Gnade, Bischof von Adrimiten, Weihbischof von Augsburg, den Altar im Namen des allmächtigen Gottes, der seligen Jungfrau Maria und aller Heiligen, insbesondere der Hl. Apostel Petrus und Paulus im Gedenken in rechter Weise geweiht, eingeschlossen die Reliquien der genannten Heiligen. Die Hl. Römische Kirche gewährt am Fest aller Genannten einen Ablass.
Eigenhändig unterschrieben und besiegelt. Geschehen am o. a. Monat und Tag. Michael
Augsburger Weihbischof S. L.
1.2. 30-jähriger Krieg und die Zeit danach
1632 war eine schwere Zeit für Kirche und Ort. Am Ostermontag (12. April) ereignete sich der erste Schwedeneinfall, den Lehrer und Gerichtsschreiber Michael Boll verzeichnet: Die Kirche profanirt (entweiht) und spolirt (beraubt). Diese grausame Zeit hatte um 1648 ihr Ende gefunden. Als 1659 die Heidenheimer das Lehen von den Leonrodts übernommen hatten, ging es mit Kirche und Gläubigen kontinuierlich aufwärts.
Die in der späteren Altar in einem mit bischöflichem Siegel verschlossenen Zinkreliquienkästlein gefundene Urkunde hatte folgenden Wortlaut:
Urkunde MDCCVIII
Die 29 Mensis Octobris ego Joannes Casimirus Episcopus Amidensis Reverendissimi Serenissimi Principis et Episcopi Augustani Suffraganaeus consecravi Altare hoc in honorem Sanctorum Petri et Pauli Apostolorum et Reliquias Sanctorum Martyrium Pastoris, Olympii et Valeriae in eo inclusi et singulis Christi fidelibus hodie unum annum et in Die anniversario consecrationis hujusmodi ipsum visitantibus quadraginta dies de vera indulgentia in forma Ecclesiae consecratae concessi.
Urkunde 1708
Am 29. Oktober, habe ich Joannes Casimirus, Bischof von Amidensis, Sufragan des hochehrwürdigen erhabensten Fürsen und Bischofs von Augsburg diesen Altar zu Ehren der heiligen Apostel Petrus und Paulus geweiht. Und ich habe auch die Reliquien der heiligen Märtyrer Pastor Olympia und Valeria geweiht, die in diesem Altar eingeschlossen sind. Und ich habe allen Christgläubigen, die von heute an auf ein Jahr und am Jahrtag dieser Weihe diesen Altar aufsuchen einen wirkkräftigen Ablass von 40 Tagen in der üblichen kirchlichen Form gewährt.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde die im 15. Jahrhundert im gotischen Stil erbaute Pfarrkirche in den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts – noch vor der Neukonsekration des Hochaltares – einer umfangreichen Erweiterung und damit verbundenen Veränderung unterzogen. Das Langhaus wurde zusammen mit dem Chor nach Süden erweitert, letzterer auch nach Osten verlängert, so dass die Achse der Kirche, ohne die Symmetrie im Inneren zu stören, etwa um Seitenschiffbreite südlicher zu liegen kam als vorher. Diese Veränderungen drückten der größer gewordenen Pfarrkirche den damals geltenden barocken Stil auf.
Christoph Marquard Alexander von Heidenheim, Lehensherr in Münsterhausen, stiftete 1716 die große Glocke, gegossen bei Alexander Arnold in Dinkelsbühl – diese befindet sich heute noch im Turm der Pfarrkirche und lädt die Gläubigen zum Gebet ein. Im Jahr 1724, kurz vor seinem Tod, ließ er zwei neue Seitenaltäre errichten. 1765 wurden die oberen Turmgeschosse und die Turmhaube aufgesetzt, wobei die Schallöffnungen aus der spätgotischen Epoche zugemauert wurden. Das Fries blieb erhalten.
1.3. Neubau oder Umgestaltung
Ende des 18. Jahrhunderts war ein Neubau der Kirche geplant. Anstelle des Neubaus wurde die Kirche 1795 bis 1798 unter der Leitung vom Bauinspektor Ignaz Eberle aus Marktoberdorf einer Renovierung unterzogen. Die Malerarbeiten gestaltete Johann Nepomuk Eberle. Bei dieser Renovierung wurde die Kirche im frühklassizistischen Stil > mit prächtigem Aufwand < umgestaltet.
Seit 1847 stand aufgrund des Platzmangels wieder ein Neubau der Kirche zur Diskussion. Ab 1892 fand jedoch eine umfassende Renovierung der bestehenden Kirche statt, bei der zunächst die hölzerne Abschlusswand des Langhauses durch das heutige Mauerwerk ersetzt wurde.
Pfarrer Ludwig Vogg schreibt am 18. Juli 1892 vom Durchbruch für das Nordportal und am 24. Oktober desselben Jahres von der Restaurierung der total defecten Pfarrkirche. Die Fertigung einer neuen Kanzel, der Aufbau des Hochaltars und die Neuanfertigung des heutigen Taufsteins (Firma Ketterle, Augsburg), sowie das Einsetzen von drei neuen Chorfenstern (Firma Eichleiter, Augsburg) sind so genau aufgezeichnet, wie die gründliche Reparatur der Orgel mit der Verlegung des Gebläses in den Fehlboden des Musikchors. Im Jahre 1894 wurden unter der Leitung des aus Münsterhausen stammenden und in München ansässigen Malers Adolf Leinsing die Wände und die Gewölbe des dreischiffigen Gotteshauses mit Dekorationsmalerei ausgestattet. Die Pläne stammen von dem Dekorations- und Historienmaler Ludwig Hövemeyer aus München.
Bei einer Restaurierung der Kirche in den Jahren 1955/56 wurden die Deckengemälde abermals ersetzt, die bunten Fensterverglasungen des 19. Jahrhunderts entfernt und sämtliche Holzschnitzwerke neu gefasst.
Bei einer 1981 bis 1984 erfolgten Restaurierung des Kircheninneren erneuerte man die farbliche Tönung der Wände ebenso wie die Schablonenmalerei des Jahres 1894 nach Befund.
1.4. Fazit
Abschließend kann man sagen, dass der im 19. Jahrhundert komplett überarbeitete Innenraum nach einer zurückliegenden Restaurierung einen guten Eindruck darüber bietet, was der Historismus in Schwaben hinterlassen hat. Nahezu alles Vorhandene, wie z. B. die Epitaphien, die Petrus- und Paulus-Skulpturen des Hochaltares und der Gemäldebestand, wurde in einem Akt großen Selbstverständnisses integriert. Die basilikale, mit Säulen verbundene Raumschale bietet auch einer heutigen Pfarrgemeinde eine bergende Heimstatt und ist keineswegs Museum.
Als Zeitzeugnis des frühen 21. Jahrhunderts entstand 2003 ein qualitätsvolles Ensemble liturgischer Orte aus der Hand des Laufener Bildhauers Friedrich Koller. Die formale Klarheit von Altar, Ambo, Osterleuchter und Priestersitz führt hin zum Wesentlichen: Der Begegnung mit dem Auferstandenen.
2. Rundgang
2.1. Der Kirchenraum
Ein schlanker, schön gegliederter barocker Zwiebelturm, der zu Beginn des 18. Jh. gebaut wurde, lädt ein, Münsterhausens Pfarrkirche St. Peter und Paul zu besuchen. Das Innere der Kirche hat freilich nichts von der Weite und Schwerelosigkeit, die der Turm verheißt. Hier wartet auf den Besucher eher ein sakraler Innenraum, der einer Basilika ähnelt. Die wuchtigen Säulen gliedern den niederen Raum und verleihen ihm eine besondere meditative Atmosphäre. Die Ornamentalmalerei des 19. Jh. wird durch zwei Deckenfresken, die Chorraum und Langhaus schmücken, aufgelockert. Sie erzählen von der Menschwerdung Gottes in einem gut gelungenen Krippenbild mit der Anbetung der Hirten und der Berufung des Petrus zum obersten Hirten der Kirche. Der Maler Baumann hat 1956 in barocker Art Jesu Wort an den ersten Papst ins Bild gesetzt: „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Dir will ich die Schlüssel des Himmels geben. Alles, was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein“. Da sind die Schlüssel, der goldene und der silberne zu sehen, die Jesus Petrus übergibt und unter dem ragenden Felsen der Teufel und sein Anhang, die trotz ihres Kampfes gegen Papst und Kirche nie den Sieg davontragen werden.
2.2. Der Altarraum
Der heilige Petrus ist im Altarbild, das Johann Nepomuk Eberle aus Marktoberdorf 1796 gemalt hat, nochmals dargestellt, zusammen mit dem zweiten Kirchenpatron, dem Völkerapostel Paulus. Es ist die Begegnung der beiden Apostel auf dem Weg zur Hinrichtung in Rom. Petrus wird wie sein Heiland ans Kreuz geschlagen, während Paulus als römischer Bürger durch das Schwert stirbt. Deshalb wird Paulus mit dem Schwert dargestellt – und so zeigt ihn auch die barocke Figur im Altarraum – und Petrus mit umgekehrtem Kreuz oder den beiden Schlüsseln.
Das Hochrelief mit dem letzten Abendmahl über der Sakristei hat ebenso seinen Platz im Altarraum gefunden wie eine ausdrucksstarke barocke Kreuzigungsgruppe mit lebensgroßen Figuren an der gegenüberliegenden Wand. In jeder heiligen Messe wird das letzte Abendmahl gegenwärtig und das Kreuzesgeschehen aufs Neue lebendig. Dafür wurde am Peter-und-Paul-Fest, dem 29. Juni 2003, der neu gestaltete Chorraum mit dem Altar konsekriert. Der Altar steht auf einer in den Boden fest eingefügten Metallplatte und ist der unverrückbare Mittelpunkt des sonntäglichen Geschehens. Der Stipes aus Metall trägt die Mensa aus Stein. Im Altar-Weihe-Gebet heißt es: „Dieser Altar sei Quelle der Einheit für die Kirche und der Eintracht für diese Gemeinde. Jeder erfahre hier Gemeinschaft im Glauben und öffne sich dem Geist gegenseitiger Liebe.“
Am Übergang vom Chorraum zum Langhaus steht der Märtyrer des Beichtgeheimnisses, der heilige Johannes Nepomuk, der im 18. Jh. heiliggesprochen und als Patron des Hauses Habsburg in der Markgrafenschaft Burgau besonders verehrt wurde. Er hat auch in der Pfarrkirche Münsterhausen eine sehr schöne Figur erhalten (1730).
2.3. Die Seitenaltäre
Die beiden Seitenaltäre zeigen zwei Ordensfrauen und ihre mystische Begegnung mit Christus. Auf dem Bild des rechten Altares vermählt sich das Jesuskind der heiligen Walburga, indem es
ihr den Ring ansteckt. Die Präsenz der heiligen Walburga zeugt zugleich von der Heidenheimer Geschichte in Münsterhausen. Sie lebte und wirkte mit ihrem Bruder Wunibald in Heidenheim, bevor sie nach Eichstätt ging.
Auf dem Bild des linken Seitenaltars tritt Christus der heiligen Maria Margareta Alacoque entgegen und verweist auf sein Herz, das reich ist für alle, die es anrufen.
2.4. Die Grabdenkmäler
Von den sechs Grabdenkmälern, die in die Wände der Kirche eingelassen sind, verdienen es wenigstens zwei näher betrachtet zu werden. Beide befinden sich an der Südseite des Gotteshauses. Vorn beim rechten Seitenaltar wird an den verdienten Pfarrer Michael Wolfegg erinnert, der 1708 mit 58 Jahren starb und 21 Jahre in Münsterhausen wirkte. In Chorrock und Stola kniet er vor dem Altar, auf dem Kelch und Hostie das Zentrum seiner priesterlichen Tätigkeit zum Ausdruck bringen, darüber das Gnadenbild Unserer Lieben Frau von Altötting, der er die Frauenkirche erbaut hat. Zahlreich sind die lateinischen Verse, die den Priester würdigen und zur Nachahmung auffordern.
Noch wortreicher ist das zweite Grabdenkmal, das der Jungfrau Anna Regina von Stotzingen zu Tüschingen und Heudorff gewidmet ist. „0 Mensch, bedenk die letzten Ding!“ beginnen die deutschen Verse. Die Eltern Wilhelm von Stotzingen und Magdalena, geborene von Rechberg, haben das Grabdenkmal für ihre 1588 verstorbene Tochter fertigen lassen. Mit über die Hüfte wallendem Haar, das ein Jungfernkranz ziert, kniet sie züchtig im hochgeschlossenen Kleid, die Hände betend gefaltet, vor dem Gekreuzigten. Im Himmel aber vollzieht sich die Krönung Mariens. Ein einzigartiges Dokument des Glaubens und christlicher Hoffnung bedeutet dieses Grabmal auch dann, wenn man sich nicht die Mühe macht, die sieben Strophen zu entziffern, die in den Stein eingraviert sind.
2.5. Die Kanzel
Bevor man die Kirche verlässt, sollte man noch einen Blick auf die Kanzel werfen. Ein segnender Christus, der auf der Schalldecke steht, entlässt den Besucher und sendet ihn hinaus in die Welt, um Zeuge der frohen Botschaft zu sein wie Petrus und Paulus, wie Johannes Nepomuk, wie Pfarrer Michael Wolfegg und die Eltern der Jungfrau Anna Regina.
Weitere Informationen erhalten Sie in:
Kirchenführer der Pfarrkirche St. Peter und Paul und Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau Münsterhausen vom Kunstverlag Peda aus Passau
Dr. Antonius von Steichele und Alfred Schröder, Das Bisthum Augsburg Bd. 5, Augsburg 1894
Kirchen und Wallfahrtsorte im Dekanat Krumbach vom Dekan Ludwig Gschwind
Aufzeichnungen der Pfarrbücher der Pfarrei St. Peter und Paul, jetzt im Archiv des Bistums Augsburg
Chronik der Marktgemeinde Münsterhausen, Ortschronist Eugen Miller